Oskar Maria Graf

Oskar Maria Graf
Oskar Maria Graf gehört zu den großen deutschen Volksschriftstellern. 1894 in Berg bei Starnberg geboren ging er 1938 ins Exil nach Amerika, wo er 1967 in New York starb. Grafs Literatur zeichnet sich vor allem durch wortgewaltige, urwüchsige Komik aus.

Oskar Graf wird am 22. Juli 1894 als neuntes von elf Kindern des Bäckermeisters Max Graf und der Bauerntochter Therese in Berg am Starnberger See geboren. Ab 1900 besucht er die Dorfschule in Aufkirchen. Nach dem Tod des Vaters übernimmt 1906 der älteste Bruder Max die elterliche Bäckerei. Ein Jahr später gibt Oskar die Werktagsschule auf und wird Bäckerlehrling bei seinem Bruder. Er beginnt zu schreiben. 1910 gewinnt er für eine Besprechung von Ivan Turgenevs „Gedichte in Prosa“ einen Preis vom Philipp Reclam-Verlag Leipzig.

Mit siebzehn Jahren flieht Oskar vor Misshandlungen seines Bruders Max nach München, in der Hoffnung auf eine Künstlerexistenz als Dichter. Dort schließt er sich Bohème-Kreisen an und schlägt sich in den Folgejahren mit Gelegenheitsarbeiten als Posthelfer oder Liftboy durch. Er wird Schriftführer der Gruppe „Tat“ des Sozialistischen Bundes und lernt den Maler Georg Schrimpf und den Schriftsteller und Politiker Franz Jung kennen. Der Cotta’schen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart bietet er erfolglos seine erste (nicht überlieferte) Gedichtsammlung „Die Fahrt ins Leben“ an.

In den Jahren 1912/13 vagabundiert er gemeinsam mit Georg Schrimpf durch das Tessin und Oberitalien. Zeitweise leben beide bei Karl Gräser in der Reformersiedlung Monte Verità. 1914 verbringt Graf etwa ein halbes Jahr in Berlin. Seine ersten Gedichte („Knaben“ und „Mädchen“) erscheinen in Franz Pfemferts Zeitschrift „Die Aktion“. Am 1. Dezember des Jahres wird Oskar Graf zum Militär eingezogen und erhält seine Grundausbildung in der „Train-Kaserne“ in München. Im darauffolgenden Jahr muss er als „Train-Soldat“ an die Ostfront. Im Januar 1916 wird Graf wegen Befehlsverweigerung ins Kriegslazarett Lida eingeliefert. Die folgenden Monate verbringt er in der Irrenanstalt Görden bei Brandenburg und später in der Irrenanstalt Haar bei München. Am 4. Dezember wird er als „dienstuntauglich“ eingestuft und aus dem Militär entlassen.

Arbeiten für Zeitungen reicht er ab 1917 unter dem Pseudonym Oskar Graf-Berg ein, für seine von ihm selbst als „lesenswert“ erachteten Werke wählte er fortan den Namen Oskar Maria Graf. Am 26. Mai 1917 heiratet er Karoline Bretting. Im Jahr darauf wird die Tochter Annemarie (genannt Annamirl) geboren. Das Ehepaar trennt sich jedoch noch im selben Jahr. Graf bezeichnet seine erste Ehe als "von Anfang an schlecht", die Tochter Annemarie wird von seiner Mutter Therese in Berg aufgezogen.

Im Januar 1918 beteiligt sich Oskar Maria Graf am Munitionsarbeiterstreik. Später wird er zusammen mit Georg Schrimpf und Paul Guttfeld („Pegu“) verhaftet, weil sie planten, die „Denkschrift des Fürsten Lichnowsky“ zu drucken, die schon länger in USPD-Kreisen zirkulierte. Dabei handelt es sich um Auszüge aus Lichnowskys Tagebuch, in denen der ehemalige deutsche Gesandte in London die deutsche Regierung für den Bruch mit England verantwortlich machte. Roman Wörner, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität, und die Lyrikerin und Mäzenin Herta König unterstützen Grafs schriftstellerisches Schaffen mit einem Stipendium. Grafs erster Gedichtband „Die Revolutionäre“ erscheint 1918.

Am 7. November erlebt Graf beim Marsch von der Theresienwiese zu den Kasernen den Beginn der „Bayrischen Revolution“. Während der anarchistischen Räterepublik (7. April bis 1. Mai 1918) ist er sporadisch als Zensor tätig. Am 14. Mai wird er festgenommen. Die Polizei durchsucht seine Wohnung und beschlagnahmt seine Manuskripte. Auf Fürsprache von Roman Wörner und Rainer Maria Rilke wird Oskar Maria Graf am 26. Mai wieder aus der Haft entlassen. Nach der Trennung von Ehefrau Karoline zieht Graf mit Mirjam Sachs zusammen, die bis zu ihrem Tod seine Partnerin bleibt.

Von 1920 an bis etwa Herbst 1921 arbeitet Oskar Maria Graf als Dramaturg am Arbeitertheater „Die neue Bühne“ und trifft dort zum ersten Mal Bertolt Brecht. Der Gedichtzyklus „Worte an den Einen“ entsteht, bleibt aber unveröffentlicht. In den Jahren bis 1927 entstehen etliche Erzählungen, Romane und Gedichte, die auch veröffentlicht werden, bis Oskar Maria Graf der literarische Durchbruch gelingt mit der Umarbeitung und Erweiterung seiner Jugenderlebnisse „Frühzeit“ (1922) zu dem Roman „Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis aus diesem Jahrzehnt“. Diesem Erfolg folgen das Schnurren- und Geschichtenbuch „Der bayerische Dekameron“, sowie der Roman „Bolwieser. Roman eines Ehemanns“.

Im Februar 1933 fährt Oskar Maria Graf zu einer Vortragsreise nach Wien. Damit beginnt sein "freiwilliges" Exil. Da seine Bücher nicht der Bücherverbrennung durch die Nazis zum Opfer fielen und ihre Lektüre sogar empfohlen wurde, veröffentlichte er am 12. Mai 1933 in der Wiener Arbeiter-Zeitung einen offenen Brief unter dem Titel „Verbrennt mich!“ Darin schreibt er: Verbrennt mich! Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen. Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach!

Ein Jahr später, 1934, werden seine Bücher in einer eigens für ihn angesetzten Bücherverbrennung im Innenhof der Münchner Universität nachträglich verbrannt und seine Werke in Deutschland verboten. Oskar Maria Graf wird am 24. März ausgebürgert (unter anderem mit Albert Einstein). Im Februar übersiedelt er gemeinsam mit Mirjam Sachs nach Brünn. Mit Anna Seghers, Jan Petersen und Wieland Herzfelde wird er Herausgeber der Monatsschrift „Neue deutsche Blätter“ in Prag (die Zeitschrift erscheint bis August 1935).
Von August bis Oktober reist Graf (mit anderen namhaften antifaschistischen Schriftstellern wie Klaus Mann, Ernst Toller, Johannes R. Becher oder Egon Erwin Kisch) nach Moskau zum 1. Unionskongress der sowjetischen Sowjetschriftsteller und anschließend durch den Süden der Sowjetunion. Im September des Jahres stirbt die Mutter Therese Graf in Berg.

Im Juni 1938 nimmt Oskar Maria Graf als Vertreter der deutschen Delegation beim internationalen PEN-Kongress in Prag teil. Über Holland reist er mit Mirjam Sachs in die USA, wo er eine Wohnung in New York bezieht. Im Oktober erfolgt die Gründung der „German-American Writers Association“ (GAWA) unter Grafs Vorsitz (Thomas Mann hatte den Ehrenvorsitz). 1940 erscheint „Das Leben meiner Mutter“ in englischer Sprache. 1943 durchsucht das FBI Grafs Wohnung wegen Verdacht auf kommunistische Gesinnung, findet aber kein belastendes Material. Dennoch wird eine Anstellung als Deutschlehrer in Princeton durch Denunziation verhindert.

Im Oktober 1944 heiratet Oskar Maria Graf seine langjährige Partnerin Mirjam Sachs, nachdem er eine einseitige Scheidung von Karoline erwirkt hat. Die folgenden Jahre verbringt Graf mit literarischer Produktion, es entstehen unter anderem die Romane „Unruhe um einen Friedfertigen“, Die Eroberung der Welt“ (ab der 2. Auflage „Die Erben des Untergangs“) sowie „Kalendergeschichten“.
Seine Verbundenheit zur bayerischen Heimat zeigt sich darin, dass er häufig mit Lederhosen durch New York spaziert, um sein Heimweh zu stillen.

Im Dezember 1957 erhält Oskar Maria Graf die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Wegen seines kompromisslosen Pazifismus wird der Absatz "über die Verteidigungsbereitschaft mit der Waffe in der Hand" gestrichen. Im folgenden Jahr unternimmt er erstmals nach dem Krieg wieder eine Europareise. Als er dabei zu den 800-Jahr-Feierlichkeiten der Stadt München im Cuvilliéstheater in Lederhosen liest und damit gegen die Kleiderordnung verstößt, kommt es zu einem Eklat.

1959 stirbt Grafs zweite Ehefrau Mirjam. Nach einem kurzen Aufenthalt in Europa 1960 reist Graf 1964 anlässlich seines 70. Geburtstags erneut nach Deutschland, wo er zum korrespondierenden Mitglied der Akademie der Künste der DDR in Ost-Berlin ernannt wird. Weitere Ehrungen folgen durch die Gemeinde Berg, sowie durch eine Ehrengabe und eine Goldmedaille der Stadt München.

Nach einer Reihe schwerer Asthmafällen, unter denen er seit etlichen Jahren leidet, stirbt Oskar Maria Graf am 28. Juni im Mount Sinai Hospital in New York. Seine Urne wird ein Jahr später überführt und auf dem Bogenhausener Friedhof in München beigesetzt.


Link zur Oskar Maria Graf Gesellschaft e. V.:
http://www.oskarmariagraf.de/

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